Nicht zu vergessen: die Alzheimer-Krankheit
Die Patienten zeigen schwere Gedächtnisstörungen, kognitiven Verfall und neuropsychiatrische Symptome. Obwohl die klinischen Symptome ziemlich genau definiert sind, sind die molekularen Mechanismen, die der Hirnfunktionsstörung bei Alzheimer-Patienten zugrunde liegen, immer noch schlecht charakterisiert. Infolgedessen steht derzeit keine Behandlung zur Verfügung, um die Krankheit zu verlangsamen oder zu heilen. Am LCSB untersuchen wir die zugrunde liegenden Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen, um letztendlich neue Wege zur Behandlung der Krankheit zu entwickeln.

Tiefer Einblick ins Gehirn
Die Alzheimer-Krankheit ist komplex und viele Faktoren tragen zu ihrer Entwicklung bei. Viele Jahre lang konzentrierte sich die Forschungsgemeinschaft fast ausschließlich auf die abnormale Anreicherung des Amyloid-Proteins, von dem angenommen wurde, dass es die Ursache für das Absterben von Nervenzellen im Gehirn von Alzheimer-Patienten ist. Heute wissen wir, dass das nur ein Teil des Rätsels ist. Am LCSB versuchen Forscher, die Rolle anderer Zelltypen neben den Nervenzellen beim Fortschreiten der Krankheit zu entschlüsseln. Im Gehrin kommen Gliazellen nämlich zehnmal häufiger vor als Nervenzellen und gewährleisten Schlüsselfunktionen für Gesundheit und Krankheit. Astrozyten versorgen die Nervenzellen mit Energie und Nährstoffen, regulieren aber auch ihre Aktivität. Mikroglia sind die hirnspezifischen Immunzellen, die das Gehirn unter normalen Bedingungen gegen Krankheitserreger verteidigen.
Um zu verstehen, wie Gliazellen zur Auslösung und Fortschreitung der Krankheit beitragen, müssen wir tief in das kranke Gehirn schauen. Wir interessieren uns besonders für den Hippocampus – den Teil des Gehirns, der für die Neubildung des Gedächtnisses verantwortlich ist und einer der gefährdetsten Hirnregionen bei Alzheimer ist. Zu diesem Zweck analysieren wir menschliche Gehirnproben von Alzheimer-Patienten, die sich entschlossen haben, ihr Gehirn nach ihrem Tod zu spenden. Diese Proben wurden bisher von der Montreal Brain Bank in Kanada bereitgestellt. Nun wird jedoch ebenfalls eine Gehirnbank hier in Luxemburg eingerichtet und wir sind stolz auf dieses sehr wertvolle Geschenk für die Forschung.
Mehr Frauen als Männer sind betroffen
Bemerkenswerterweise sind ältere Frauen bei der Alzheimer-Krankheit viel häufiger betroffen als Männer, etwa zwei Drittel der Patienten sind weiblich. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied, welcher nicht allein mit der längeren durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen erklärt werden kann, wird von LCSB-Wissenschaftler Dr. Enrico Glaab untersucht. Für seine Entdeckung der Rolle des Gens USP9 bei Alzheimer gewann er 2013 die Global NeuroDiscovery Challenge der Geoffrey Beene Foundation in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Harvard. Er zeigte, dass USP9 bei Männern und Frauen mit Alzheimer unterschiedliche Eigenschaften hat. In Experimenten an Zebrafisch- und Zellkulturmodellen, haben er und seine Mitarbeiter eine funktionelle Rolle dieses Gens bei der Regulation des Alzheimer-assoziierten Proteins Tau gezeigt. Dieses Protein sammelt sich in den charakteristischen neurofibrillären Bündeln im Gehirn von Alzheimer-Patienten an.
Glaab und seine Kollegen entschlüsselten den molekularen Prozess, durch den USP9 zu den bei Alzheimer beobachteten molekularen Geschlechtsunterschieden beitragen kann, und stellten somit einen neuen Angriffspunkt für zukünftige Therapeutika bereit. Darüber hinaus entdecktne sie im Gen ADAM17 eine Genvariante, die mit der spät auftretenden Alzheimer-Krankheit assoziiert ist.
Die Prävention der Demenz
Behandlung und Prävention gehen Hand in Hand. Das LCSB ist auch für das vom Gesundheitsministerium finanzierte nationale Programm Demenz Prävention (pdp) verantwortlich. Dieses Programm zielt darauf ab, das Auftreten von Demenz bei Menschen mit frühen Anzeichen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung zu verzögern. Das kann erreicht werden, indem Risikofaktoren wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Depressionen, Hörverlust, schlecht kontrollierter Diabetes und sogar Rauchen sowie soziale Isolation und Bewegungsmangel behandelt werden.
Personen, die im Verdacht einer leichten kognitiven Beeinträchtigung stehen und
erhöhte Risikofaktoren aufweisen, können von ihrem Arzt an das Programm zur
Demenzprävention überwiesen werden. Dort werden sie durch spezifische
Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Sprachtests, sowie Fragebögen zum Lebensstil,
sorgfältig untersucht. Die Ergebnisse werden dann analysiert, um konkrete
Maßnahmen vorzuschlagen: Ernährungsempfehlungen, Kurse und soziale Aktivitäten
wie Sportkurse oder Gedächtnistraining, für die der Teilnehmer Gutscheine
erhält. Damit bietet pdp viele Möglichkeiten, die Risikofaktoren für
Demenz in den Griff zu bekommen. Jeder Demenzfall, den wir mit pdp
verhindern oder verzögern können, ist ein wunderbarer Erfolg!
Die Alzheimer-Forschung von LCSB wurde von Rotarys Espoire en Tete, einer privaten Spende der Fondation Gustave und Simone Prévot, der Geoffrey Beene Foundation und dem luxemburgischen Gesundheitsministerium unterstützt.